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Von und für die SIGU-Community

Am 14. Oktober 2025 hat die SIGU-Zukunftsfabrik gezeigt, was viele von uns längst spüren: Soziale Innovation und gemeinwohlorientierte Unternehmen (SIGU) brauchen heute mehr als gute Projekte – sie brauchen eine gemeinsame Finanzierungsstrategie. Weniger Abhängigkeit von externen Finanzgebern und Programmlogiken, mehr selbstbestimmte, verlässliche, zirkulierende Mittel im eigenen Ökosystem.

Als Platform Coops eG haben wir zusammen mit euch genau daran gearbeitet. Gemeinsam mit Andreas Arnold und Ela Kagel (Vorstand Platform Coops eG) haben wir einen Thementisch und ein Spiel aufgebaut, das eine Idee greifbar macht, die uns seit Jahren umtreibt: Kooperatives Geld – ein Stablecoin, der im SIGU-Ökosystem zirkuliert, Investitionen ermöglicht, Kredite vergibt und Erträge zurück in die Community spült. Kurz: Geld, das bleibt, wirkt und demokratisch gesteuert wird.

Die SIGU Finanz AG

Die SIGU-Zukunftsfabrik war auch die Bühne für die SIGU Finanz AG – einen Zusammenschluss erfahrener Akteur*innen, die nachhaltige Strategien für Finanzierung, Förderung und Unterstützung der SIGU-Akteure, Intermediäre und des gesamten Ökosystems erarbeiten. Mit dabei sind u. a. Corinna Bremer (Social Entrepreneurship City Hamburg), Hedra Youkhana (Grünhof // Social Innovation Lab), Anton Baranowski (Impact Hub Karlsruhe), Heike Birkhölzer (Technologie-Netzwerk Berlin e. V.; Verbund Kooperatives Wirtschaften – Social Solidarity Economy e. V.), Susanna Krüger (SEND), Tino Kreßner (Startnext) – und Andreas Arnold (Platform Coops eG).

Unser gemeinsames Anliegen: Kapitalflüsse in der Community halten – und so Resilienz, Handlungsfähigkeit und Wachstum ermöglichen. Neben unserem Thementisch zum „Kooperativen Stablecoin“ gab es weitere Tische, u. a. ein Suche-Biete-Marktplatz & Ideen-Ecke, zu Sozialer Ökonomie & Social Franchise sowie im Rahmen von Comm.aaS, Affiliate Marketing & Beratungsangeboten. Zusammen bilden diese Ansätze das Gerüst einer ökosystemischen Finanzstrategie.

Drei Ebenen für eine gemeinsame Finanzierungsstrategie

Damit aus vielen guten Einzelinitiativen ein robustes Finanz-Ökosystem wird, braucht es drei Ebenen, die sich gegenseitig verstärken.

  1. Shared Service Provider (SSP)
    Genossenschaftliche Infrastrukturen wie SmartDe, Hostsharing oder SuperCoop bündeln Bedarf, senken Kosten – und halten Wertschöpfung im System. Jeder gemeinsame Einkauf, jede gemeinsam betriebene Infrastruktur ist ein Gegenmittel gegen Kapitalabfluss.

  2. Peer-to-Peer-Finanzierung (P2P)
    Mitgliedsanteile, Genossenschaftsdarlehen (z. B. via GLS), Crowdfunding (z. B. via Startnext) oder Selbsthilfe-Modelle wie ROSCA/ASCA lassen Geld in der Community zirkulieren und schaffen soziale Rendite.

  3. Kooperativer Stablecoin
    Eine digitale Komplementärwährung, 1:1 an den Euro gebunden, die innerhalb der SIGU-Wirtschaft zahlt, finanziert und steuert – inspiriert von erfolgreichen Regionalwährungen wie Chiemgauer und Totnes Pound, aber programmierbar, messbar und demokratisch governancetauglich.

Über genau diese dritte Ebene – den kooperativen Stablecoin – wollten wir diesmal ganz praktisch sprechen. Und zwar so, dass man ihn fühlen kann.

25 Minuten kooperative Wirtschaft spielerisch erfahren

Den Workshop haben wir als Spiel aufgebaut – mit echten Interaktionen, klaren Rollen und sichtbaren Effekten. Unser Ziel: Nicht über Geld reden, sondern Geld erleben, das uns gemeinsam gehört.

Rollen

  • Bank: wechselt Spiel-Euroscheine (Fiat) 1:1 in $COOP-Token; verwaltet Fonds

  • Transparenzregister: führt Buch  darüber, wer tauscht, wer zahlt und wer erhält Kredite

  • Teilnehmende als Unternehmen:

    • SIGU-Gründer*in (Startup)

    • SIGU-Geschäftsführer*in (KMU, 3 Jahre alt)

    • Worker-Buyout-Unternehmen (KMU, 35 Jahre alt, 1 Jahr vor Übernahme)

Material: Spiel-Euroscheine (Fiat), Holz-Jetons als $COOP, ausgedrucktes Transparenzregister, Stifte, Karten, sowie Marker.

Rundenlogik (stark verkürzt)

  1. Onboarding & Werte
    Wir bekräftigen die ICA-Prinzipien (u. a. Kooperation unter Genossenschaften) und führen eine gemeinsame Währung ein. Wer im Ökosystem mit $COOP statt mit Spiel-Euroscheinen (Fiat) bezahlt, erhält Rabatte – ein direkter Vorteil für kooperatives Verhalten.

  2. Einzahlung & Fonds A (Einlage)
    Teilnehmende tauschen Spiel-Euroscheine (Fiat) 1:1 in $COOP. Die Euro landen in Fonds A (Einlage). Das Transparenzregister hält alles in Echtzeit fest.

  3. Handel & Liquidität
    KMU und WBO verkaufen Leistungen gegen $COOP; alle dürfen mit $COOP bezahlen. Wert beginnt zu zirkulieren – sichtbar und nachvollziehbar im Kassenbuch.

  4. Rendite & Fonds B (Ertrag)
    Die Bank erklärt: Ein Teil der Euro-Einlage wird sicher angelegt (im Spiel: „bei der EZB“) – es entsteht Fonds B (Rendite). Dieser Pool ist Gemeinschaftsvermögen und ein echter Mehrwert.

  5. Kreditvergabe & Fonds C (Kredite)
    Aus Fonds B werden $COOP-Kredite an Startups vergeben – zu fairen Konditionen. Das Startup investiert, produziert, verkauft – und zahlt später mit Rendite zurück.

  6. Rücktausch & Stabilität
    Eine Person tauscht $COOP zurück in Spiel-Euroscheine (Fiat)– 1:1. Die Message: Der Stablecoin ist stabil und jederzeit rücktauschbar. Vertrauen wächst, weil Transparenz und Regeln klar sind.

  7. Wachstum durch Zirkulation
    Das Kassenbuch zeigt: Mehr $COOP im Umlauf, mehr Transaktionen, mehr Rückflüsse in Fonds B – ein Kreislauf, der das Ganze stärkt, nicht nur Einzelne.

Lieblingsmoment: Als ein neues Produkt so gut ankam, dass jemand zusätzliche $COOP brauchte – der Wechsel in $COOP hat Umsatz, Liquidität und Rendite zugleich erhöht. „Wirtschaftswachstum benötigt Investitionen“ – plötzlich kein Satz aus einem Lehrbuch mehr, sondern erlebte Realität.

Copyright Alle Rechte vorbehalten von SIGU-Plattform (Fotograph: Ulrich Hartmann)

Was wir gelernt haben (und was viele von euch bestätigt haben)

1) Alles wie mit Euro – plus neue kollektive Renditen.

Mit $COOP konnten wir alle gewohnten Transaktionen genau wie mit Euro abbilden: kaufen, verkaufen, rücktauschen, sparen und Kredite vergeben. Der Mehrwert entsteht darüber hinaus: Weil wir die gepoolten Euro gemeinsam anlegen und unseren Leistungsaustausch in der digitalen Komplementärwährung durchführen, fließt die erwirtschaftete Rendite ins Ökosystem zurück – statt nach außen abzuwandern. So wird aus normalem Zahlungsverkehr gemeinschaftlich gesteuerte Wertschöpfung.

2) „Coop-Token ist eigentlich eine Art Bank“ – ja, und zwar eine demokratische.

Unser Stablecoin simuliert ein gemeinschaftliches Vermögen: Einlagen, Erträge, Kredite – aber sichtbar, regelbasiert, community-gesteuert. Die Frage „Wer bekommt wie viel und warum?“ wird transparent – und damit politisch gestaltbar.

3) Rabatte & Anreize funktionieren – wenn sie fairnessbasiert sind.

Die $COOP-Rabatte für Zahlungen im Ökosystem setzen sofortige, positive Anreize. Das stärkt Bindung und Zirkulation – ohne Zwang.

4) Kredite generieren Angebot – und Nachfrage.

Kreditvergabe an Gründer*innen schafft neue Produkte/Services → andere wollen kaufen → Mehrbedarf an $COOPRendite und Rückzahlung werden real.

5) Transparenz ist kein „nice-to-have“, sondern der Gamechanger.

Das Transparenzregister hat alles verändert: Sobald sichtbar ist, wer, was, wann und warum bekommt oder zurückzahlt, entsteht Vertrauen – in Menschen, Prozesse und das Geld selbst.

6) Die Lust auf Praxis ist groß.

Mehrere Teilnehmende haben signalisiert, dass sie echte Piloten mit uns starten möchten. Das wohl charmanteste Zitat des Tages kam von Tino Kreßner (Startnext):

„Euren Token werde ich solange in der Hostentasche behalten, bis ich den bei Startnext mit einlösen kann.“

Beratungsunternehmen und Experimentierraum zugleich

Wer uns und Platform Coops eG kennt, weiß: Wir arbeiten seit Jahren daran, kooperative Infrastruktur zu bauen – als Berater*innen, Community-Organisator*innen und Brückenbauer*innen zwischen Tech und Sozialer Ökonomie. Unser Ansatz: Pragmatisch, offen, lernend – und immer im Sinne der Mitglieder.

  • Unsere Vorarbeit zu P2P-Finanzierung findet ihr hier:

    👉 „Moving Money Together – Peer-to-Peer-Finanzierung für die Soziale Ökonomie“.

  • Mit dem Konzept „Cooperative Stewardship“ skizzieren wir, wie gemeinschaftlich aufgebaute Liquidity Pools, Token-Governance und kooperative Stablecoins zusammengehen.

  • Wir experimentieren bewusst plural: mit Community-Währungen, Stablecoins, Basket-Modellen und DAO-Governance – weil wir wissen, dass eine Lösung selten für alle Kontexte taugt.

Kurz: Kooperatives Geld ist kein Selbstzweck. Es ist das Betriebssystem für eine digitale, demokratische, faire Ökonomie – genau die, die wir als SIGU-Community brauchen.

Was als Nächstes ansteht

Lasst uns gemeinsam neue Technologien explorieren und auf Mehrwerte für das SIGU-Ökosystem untersuchen.

  1. Token Mapping mit euren Organisationen
    Welche Zahlungen, Rabatte, Investitionen und Kredite könnten morgen schon in euren Unternehmen und Communities mit $COOP ablaufen? Wir mappen das mit euch.

  2. Mikro-Pilot starten
    Kleines Volumen, klare Regeln, echtes Lernen (z. B. 3–5 Organisationen, definierte Use Cases, Laufzeit 3–6 Monate). Dafür haben wir bereits verschiedene Token-Modelle und Tools ausgewählt.

  3. Transparenz-Dashboard
    Ein einfaches Ledger-Dashboard für Community-Sichtbarkeit: Wer zahlt ein? Wohin fließen Mittel? Welche Wirkung entsteht?

  4. Recht & Regulierung klären
    Ja, MiCA & Co. stellen Fragen – und genau deshalb wollen wir gemeinsam mit Partnern (Verbänden, Jurist*innen, Politik) Pfade für kooperative Pilotprojekte öffnen, die über ein Prototypenstatus hinaus wachsen dürfen.

Danke & Einladung

Danke an alle, die mit uns gespielt, gestritten, gefragt und mitgedacht haben. Ihr habt gezeigt: Unsere Community ist bereit, die nächste Finanz-Ära selbst zu gestalten.
Wenn ihr mit uns weiterdenken, pilotieren oder mitorganisieren wollt – meldet euch: hallo@platformcoops.de
Kooperatives Geld ist kein Versprechen – es ist eine Praxis. Lasst sie uns gemeinsam bauen.